Die Ausstellung
„Von der Politik wünsche ich mirdie Anpassung der rechtlichen Möglichkeitenan die Lebensrealitäten.“
Die Wanderausstellung lädt ein, in die Lebenswelt der lsbtiq* Communities in Sachsen zu blicken. Sie basiert auf den Ergebnissen einer umfangreichen Studie zum Leben von lsbtiq* Personen in Sachsen aus dem Jahr 2022, die vom Sächsischen Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung veröffentlicht wurde. Hinter all den Zahlen und Fakten stehen Menschen mit ihren ganz persönlichen Erfahrungen und Erlebnissen in unserer Gesellschaft. Sie berichten von Diskriminierung und Benachteiligungen in verschiedenen Gesellschaftsbereichen, aber ebenso von Unterstützung, Akzeptanz und Anerkennung.
Die in dieser Ausstellung eingesetzten Stoffe spiegeln die unterschiedlichen Lebensrealitäten und Herausforderungen wider, mit denen lsbtiq* Personen beispielsweise bei Coming-Out Prozessen und Identitätsfindung konfrontiert sind. Die Vielfalt der Farben, Muster und Materialien symbolisiert die Diversität der queeren Gemeinschaften und gleichzeitig deren Widerstandskraft und Stärke, die trotz Diskriminierung und Ausgrenzung besteht. Der tägliche Kampf um Anerkennung und gleiche Rechte ist ein Appell für eine Gesellschaft, in der jeder Mensch, unabhängig von Geschlecht und Sexualität, gesehen und gehört wird. Staatliches und zivilgesellschaftliches Handeln kann daher die Lebensrealitäten von lsbtiq* Personen im Freistaat enorm verbessern.
„Ich habe einen Behindertengrad und daher im Berufsleben Nachteile verspüren müssen. Mein Name ist nichtdeutscher Herkunft, was immer wieder zu Übergriffen und Diskriminierung führt“.
„Als Transmann habe ich ein sehr gutes Passing und niemand, der mich neu kennenlernt, kommt darauf, dass ich trans bin, was mir in Fragen ‚Coming-out oder nicht‘ die Entscheidungsmacht überlässt.“
„Das meiste, was wir dürfen oder nicht dürfen, wird von Menschen bestimmt, die mit dem Thema überhaupt nicht in Berührung gekommen sind und sich nicht in unsere Lage versetzen können“.
Die Studien-Teilnehmer*innen
1490 lsbtiq* Personen (Altersdurchschnitt 29 Jahre) und 179 Angehörige beantworteten den Fragenkatalog der Studie. Es wurden knapp zwei Dutzend qualitative Interviews mit Expert*innen sowie vertiefende Fokusgruppeninterviews mit Angehörigen von lsbtiq* Personen und intergeschlechtlichen Sächs*innen geführt. Damit ist die sächsische Lebenslagenstudie die zweit teilnahmestärkste im Bundeslandvergleich.
328
Antwortende bezeichnen sich als schwul
278
Antwortende bezeichnen sich als bisexuell
225
Antwortende bezeichnen sich als lesbisch
190
Antwortende bezeichnen sich als pansexuell
176
Antwortende bezeichnen sich als queer
44
Antwortende bezeichnen sich als asexuell
64 Antwortende möchten sich hinsichtlich ihrer sexuellen Orientierung nicht festlegen.
Themen der Ausstellung
Lebenslagen von lsbtiq* Personen in Sachsen
Die Erwerbsarbeit ist zentraler Aspekt des Lebens, um den eigenen Lebensunterhalt zu finanzieren. Rund drei Viertel der lsbtiq* Befragten blickt positiv auf den Bereich der Arbeitswelt. Die übrigen Antwortenden machen dort jedoch mehrheitlich negative Erfahrungen. Besonders herausfordernd ist die Situation für nicht-cisgeschlechtliche lsbtiq* Personen sowie für diejenigen mit Behinderung und Migrationshintergrund. Sie sind häufiger von Diskriminierung und Chancenungleichheit betroffen. Berufliche Benachteiligungen führen zu geringeren Einkommen und gefährden die Existenzsicherung.
Schulen und andere Bildungsinstitutionen sind zentrale Orte des Aufwachsens, Lernens und des Austauschs. Junge Menschen erwerben hier nicht nur Wissen und Kompetenzen, sondern machen prägende Erfahrungen für die Persönlichkeitsentwicklung. Dabei ist Schule nicht für alle jungen Menschen ein gleichermaßen sicherer und diskriminierungsfreier Ort. Schule gehört zu den drei Bereichen, in denen lsbtiq* Personen am häufigsten von negativen Erfahrungen berichten. Die Studie macht aber ebenfalls deutlich, wie bestärkend und positiv sich ein anerkennendes, solidarisches und diskriminierungskritisches schulisches Umfeld auf das Wohl queerer junger Menschen auswirken kann.
Lsbtiq* Personen sind im deutschen Gesundheitswesen mit unzureichender ärztlicher Versorgung, diskriminierenden Erfahrungen und eingeschränktem Zugang zu Krankenkassenleistungen konfrontiert. Positive Beispiele berichten von vorurteilsfreien und vertrauensvollen Ärzt*innen-Patient*innen-Beziehungen. Leider gibt es keine einheitlichen Regelungen, die sicherstellen, dass alle medizinischen Berufe verpflichtend über sexuelle und geschlechtliche Vielfalt informiert werden. Dies kann dazu führen, dass lsbtiq* Personen auf Fachkräfte treffen, die nicht über das notwendige Wissen verfügen, um sie kompetent in ihren spezifischen Bedürfnissen zu behandeln.
Viele Menschen assoziieren mit selbst gewählter oder auf Verwandtschaftsverhältnissen basierender Familienschaft Menschen, von denen sie Anerkennung, soziale und finanzielle Unterstützung sowie Sicherheit erfahren. Da besonders Minderjährige in einem sozialen (und z.T. auch rechtlichen) Abhängigkeitsverhältnis zu ihrer Familie und insbesondere den Sorgeberechtigten stehen, ist gerade deren Haltung gegenüber der eigenen Persönlichkeit, dem Begehren und/oder der sexuellen Orientierung und einem damit verbundenen Coming-out oftmals relevant. Familie kann deshalb ein entscheidender unterstützender Faktor oder eben auch Problembereich sein.
Lsbtiq* Personen in Sachsen erleben in den Bereichen Sicherheit, Polizei, Justiz sowie in Ämtern und Behörden häufig Diskriminierung und unzureichende Unterstützung. Besonders betroffen sind nicht-cisgeschlechtliche Menschen und lsbtiq* Geflüchtete. So mangelt es beispielsweise bei der Polizei an Sensibilisierung für den Umgang mit Mehrfachdiskriminierung und Geschlechtsidentitäten. Auf Ämtern erschweren sprachliche Hürden und unzureichend angepasste Formulare die Situation für geflüchtete lsbtiq* Personen zusätzlich.
Queere Menschen stehen oft vor der schwierigen Entscheidung, ihre sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität offen zu leben, insbesondere im Hinblick auf ihre Herkunftsfamilie. Akzeptanz und Unterstützung durch Freund*innenkreis und Familie sind dabei entscheidende Faktoren, doch viele erleben Diskriminierung und Ausgrenzung, die zu sozialer Isolation führen können. Viele Befragte outen sich nicht aus Angst vor negativen Reaktionen aus dem sozialen Umfeld. Auch beim Kinderwunsch oder dem offenen Leben bestimmter Familienkonstellationen sind lstbiq* Personen mit Diskriminierung und rechtlichen Unsicherheiten konfrontiert.
Die Macher*innen

Patricia Pfeiffer
Projektleitung
Als queer positionierte Historikerin und Kulturwissenschaftlerin (sie/ihr) fordere ich dominante Lesarten und heteronormative Konstruktionen im musealen Raum heraus. Meine fachliche Expertise liegt in der Sensibilisierung für queer-feministische Perspektiven auf bestehende Sammlungen und Ausstellungen sowie auf der musealen Repräsentation von geschlechtlicher und sexueller Vielfalt. Ob durch kuratorische Projekte, Workshops oder digitale Plattformen – mein Ziel ist es, Räume für Reflexion und Dialog zu schaffen, die Diversität feiern und gesellschaftliche Teilhabe vielfältiger Identitäten und Positionierungen von Menschen fördern.
Fachspezifische Tätigkeiten
Seit 08/2023
Mitglied im Netzwerk Museen Queeren Sachsen
05/2023
„Drag Snack“ – Konzeption, Akquise und Durchführung eines Performance-Kunst-Events mit Workshop. Projekt im Auftrag des Netzwerks Museen Queeren Berlin in Kooperation mit dem „Queer History Month Berlin“
03/2022 – 10/2022
„bigidi“ – Recherche, Kuration und Konzeption für eine digitale Lernplattform für Schüler*innen. Themenschwerpunkte: Kontinuitäten totalitärer Ideologien und ihre Auswirkungen (NS, Nachkriegszeit, DDR) in Leipzig. Auftrag: Verein zur Förderung partizipativer Bildung und Digitalisierung e.V.
Seit 01/2022
Mitglied im Netzwerk Museen Queeren Berlin
01.05. – 31.10.2017
„Euregio Egrensis“ – Konzeption, Recherche und Kuration einer von zielgruppenspezifischen Vermittlungsformate zum Dreißigjährigen Krieg für das Fränkische Schweiz Museum Tüchersfeld.
04/2014 – 04/2015
„Queering the Museum“ – Konzeption und Recherche digitaler Inhalte für eine App zur queer-feministischen Reflexion bestehender Objektsammlungen des Museums Europäischer Kulturen in Berlin. Masterarbeit-Abschlussprojekt.
Vorträge
21.–25.06.2015
„Queering the Museum: reflecting on what you see/what you do“ – Vortrag auf dem Symposium der Internationalen Gesellschaft für Ethnologie und Folklore (SIEF), Zagreb.
31.05.2015
„Die gesellschaftliche Verantwortung eines Museums. Zur Ausstellung queerer Themen“, Vortrag auf dem „FemFest Würzburg. Gesellschaftskritisches Fest zum Thema Geschlecht.“
20.03.2015
„Queering the Museum“ – Vortrag auf dem Symposium „Queering the Collections“, veranstaltet u. a. vom Amsterdam Museum und der Reinwardt Academy for Museology and Heritage.
Freiberufliche Tätigkeit
Seit 03/2017
Reiseleiterin bei Wikinger Reisen GmbH (Destinationen: Äthiopien, Finnland, Griechenland, Portugal, Spanien, Sri Lanka, Schweden).
Ausbildung
10/2013 – 03/2016
Masterstudium der Geschichte, Archäologie und Museumswissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum und Julius-Maximilians-Universität Würzburg.
Abschluss: Master of Arts
Schwerpunkte: Kultur- und Geschlechtergeschichte
Masterarbeit: „Queer people do a whole lot more than just have sex.“ Zur musealen Repräsentation von „Queer“.

Maleen Nökel
Künstlerische Leitung
Als Kostümdesignerin und nebenberufliche Künstlerin habe ich mir bei der Gestaltung meiner Textilkunstwerke zur Aufgabe gemacht, die subjektiven Mitteilungen von der menschlichen Seite sensibel zu beleuchten. Ich spreche den Betrachter in einer Vielfalt von symbolischen Materialien und Objekten gezielt an, um ihn zur intellektuellen Analyse und zum einfühlsamen Hinschauen anzuregen. Ausserdem möchte ich ihn zum Berühren und Anfühlen verführen, sodass durch taktile Reize eigene Gefühle geweckt und persönliche Gefühle Anderer assoziiert und nachempfunden werden können.
Relevante Tätigkeiten im Ausstellungsbereich
Seit 1981 Mitglied im Künstlerverband La Maison des Artistes in Paris
Ausstattung Kostümausstellung “The Russian Ballets” by Diaghilev & Bakst Museum of Art in New York
Auszeichnungen für Bildene Künste im Guggenheim Museum New York 1. Preis für Gemälde “A hidden Fairytale” 1987
Sonderaustellung Portraits ethinques UNESCO Paris 1994
Sonderaustellungen im Kulturministerium in Paris:
L’art du design dans la Haute Couture 1992
Peintures vivantes 1994
L’art sensoriel 1996
La technologie innovatrice dans l’art textile 2000
Katharina Balzer, Enrico Wuttke
Grafikbüro unverblümt
Grafik
Andreas Geißler, Thomas Bache
kursiv | text-objekt-raum GmbH
Beratung
Britta Borrego, Theresa Zängler
LAG Queeres Netzwerk Sachsen
Lektorat
Ausleihe
Präsentieren Sie die Ausstellung in Ihren Räumen
Die Wanderausstellung beinhaltet 11 Exponate, bestehend aus Texttafeln, in Jute gerahmten Zitattafeln, Stoffbahnen und Stoffkunstwerken. Sie funktioniert modular, d.h. einzelne Bestandteile können auch separat ausgeliehen und gestellt werden. Die Exponate sind frei im Raum oder an die Wand aufstellbar. Die Wanderausstellung kann ab sofort kostenfrei ausgeliehen werden. Eine feste Ausstellungsdauer gibt es nicht. Benötigte Ausstellungsfläche: Max. 30 qm, bei Auswahl einzelner Bestandteile auch weniger. Gern unterstützen wir die Ausstellung in Ihren Räumen durch einen (gern auch gemeinsam konzipierten) inhaltlichen Beitrag, z.B. Kurzinput oder ein Podiumsgespräch.
Kontakt für Anfragen jeglicher Art und Ausleihe:
Fachstelle LAG Queeres Netzwerk Sachsen
Waldschlösschenstraße 24
01099 Dresden
Tel: 0351 33204696
www.queeres-netzwerk-sachsen.de
„Nur weil etwas nicht gesehen wird, heißt es nicht, dass es nicht da ist. Ich wünsche mir eine viel stärkere Sichtbarkeit, mehr (staatliche) Angebote und Anlaufstellen vor allem im ländlichen Raum.“
„Ich bin gläubig und habe bisher nur negative Erfahrung in Gemeinden gemacht. Am Ende war meine Homosexualität immer ein ‚Problem‘.“
„Für mich persönlich wäre es zum Beispiel sehr wichtig, dass ich ohne krasse negative Reaktionen als Cis Mann auch feminine Kleidung in der Öffentlichkeit tragen darf“